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Heterogenität als Herausforderung in der politischen Interessenvertretung - Gedanken zum ersten Deutschen Social Entrepreneurship Monitor 2018

„Ja ist denn heut scho Weihnachten?“, frage ich mich aufgrund der phantastischen Nachricht, dass heute der erste Deutsche Social Entrepreneurship Monitor (DSEM) erschienen ist. Auch wenn bei uns allen in der sogenannten „staaden“ Zeit Hochkonjunktur herrscht, in aller Kürze meine #2cents zur Publikation:

Heterogenität heißt heterogene Interessen

© SEND e.V. / Kreativagentur Das Gute Ruft
© SEND e.V. / Kreativagentur Das Gute Ruft

Ein Thema, das sich durch den ganzen Bericht zieht, ist die Vielseitigkeit und Heterogenität der Sozialunternehmen (bspw. verschiedenste Rechtsformen, ca. 21 verschiedene Branchen, unterschiedliche regionale Verteilung). Das ist eine wirklich große Herausforderung, auch für den Verband, der die Social Entrepreneurs vertreten soll und den Bericht veröffentlicht hat: Das Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND). Für die politische Arbeit ist es vorteilhaft oder zumindest leichter, sehr spezielle Interessen zu formulieren und diese zu vertreten. Aber wir lieben ja Herausforderungen!

 

Regionen und Kommunen erobern!

Besonders aufgrund der regionalen Verteilung bzw. Konzentration auf Berlin, Hessen und Bayern (S. 20) ist der Weg von SEND, sich in Regionalgruppen zu organisieren, goldrichtig. Denn das Zauberwort zur Interessenvertretung lautet „organisiert“. Nur organisierte Interessen können einen Ansprechpartner in der Politik finden. Bist Du auch schon in einer der Regionalgruppen dabei? So können Leuchttürme und politische Initiativen entstehen, die in andere Bundesländer transferiert werden können.

 

In diesem Zusammenhang möchte ich auch eine Lanze für Lobbyarbeit auf der kommunalen Ebene brechen. Wir können auf dieser Ebene sehr viel schneller vorankommen, experimentieren, lernen, Leuchttürme schaffen, best practice Modelle oder Prototypen kreieren... Wir können so zudem immer mehr Akteure in unsere Interessen einbinden und noch viel mehr Regionen erreichen, also als Interessensverband weiter wachsen und schlagkräftiger werden (vgl. Punkt Datenbasis). Bei der Vorstellung des DSEM heute im Deutschen Bundestag äußerste sich beispielsweise Sabine Poschmann ähnlich. Sie ist für die SPD-Bundestagsfraktion im Wirtschaftsausschuss. Am Beispiel des Challenge Prinzips bei öffentlichen Ausschreibungen riet sie dazu, dies zunächst auf kommunaler Ebene anzugehen. Auf Bundesebene seien hier noch zu viele Hürden, das brauche Zeit. Und wie ich unsere changemaker so kenne: Wir krempeln die Ärmel hoch und wollen auch möglichst bald den Impact unseres Handelns sehen. Daher lasst uns hier noch mehr den Fokus auf die Regionen und die Kommunen setzen, da steckt unglaublich viel Potenzial für uns drin.

Datenbasis

Insgesamt nahmen 210 Personen an der Umfrage zum DSEM teil (S. 71). Es kann davon ausgegangen werden, dass dies den aktiven Teil der SocEnt-Szene darstellt. Das ist natürlich auf ganz Deutschland gesehen wirklich nicht sehr viel. Ein Fokus sollte also lauten: Noch mehr Mitglieder für unseren Interessensverband SEND e.V. gewinnen. Sprecht Leute aus Eurem Netzwerk gezielt auf eine Mitgliedschaft an und haltet die Augen und Ohren offen, wer eigentlich „zu uns“ gehört und es selbst noch gar nicht weiß, also sich vielleicht selbst nicht als Social Entrepreneur bezeichnen würde.

Schwache Lobby?

© SEND e.V. / Kreativagentur Das Gute Ruft
© SEND e.V. / Kreativagentur Das Gute Ruft

73 % der Befragten wollen eine stärkere Repräsentation bzw. zählen die schwache Lobby für Sozialunternehmen in der Politik zu den drei größten Hürden (S. 67). Auch ich bin der Meinung, dass politische Rahmenbedingungen für uns der wichtigste Hebel sind. Aber! Die Lobby für Sozialunternehmen, das bist auch Du. Wenn Du zu den 73 % gehörst, dann überlege Dir bitte, welchen Beitrag Du konkret im neuen Jahr für eine Stärkung der Lobby beitragen kannst. Das kann die Initiierung oder Betreuung einer Regionalgruppe sein. Das kann die Organisation einer Veranstaltung zum Thema Social Entrepreneurship sein oder Du veranstaltest einen parlamentarischen Abend. Vielleicht benötigst Du zunächst auch mehr Wissen, wie Lobbyarbeit eigentlich genau funktioniert?

 

Mir ist es auf jeden Fall ein großes Bedürfnis Danke zu sagen, an alle, die 2018 SocEnt bereits so grandios vertreten haben, speziell dem Team in der Geschäftsstelle und dem ehrenamtlichen Vorstand von SEND e.V. Von vielen Handgriffen kriegen wir nichts mit, aber innerhalb eines Jahres so viel erreicht zu haben (als ernsthafter Player von allen Parteien wahrgenommen und als Gesprächspartner akzeptiert zu werden, die neue Förderrichtlinie der IBB, SocEnt im Koalitionsvertrag der Bundesregierung, SocEnt im Koalitionsvertrag der neuen bayerischen Landesregierung, der geplante Ausbau von bestehenden Förderprogrammen auf Sozialunternehmen, und und und…), da steckt einerseits unglaublich viel Arbeit drin.

 

Andererseits ist es auch in der Sache schier unglaublich, was in dem einjährigen Bestehen des Verbandes erreicht wurde (siehe Aufzählung oben). Wir können überaus zufrieden und stolz sein, wo wir heute stehen und was wir mit den wenigen Mitteln und in Anbetracht unserer kleinen Community schon alles erreicht haben. Oder sollte ich sagen: Minimaler Aufwand, maximaler Ertrag? ;)

Nein im Ernst: Wir sind eine kleine Lobby, aber ganz offensichtlich eine ernstzunehmende und durchaus schlagkräftige Lobby. Kein Grund sich auszuruhen, aber ich finde das total ermutigend für die weiteren Schritte. Denn wie wir sehen: Es lohnt sich!

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