Vor ein paar Tagen bin ich mit einem ziemlich chicen Audi, der mir nicht gehört, auf unseren Innenhof gefahren. Die rauchende Nachbarin, die häufig unten steht, streckte mir beim Abbiegen in die Hauseinfahrt den Daumen entgegen. Ihr Gesichtsausdruck war erstaunt, voller Anerkennung und Bewunderung. Blitzlichtartig schossen mir dabei viele verschiedene Gedanken durch den Kopf.
Zum Einen musste ich ob dieser Anerkennung ziemlich schmunzeln, denn es war ja nicht mein Auto. „Aha, so leicht erntet man also Zuspruch und dabei kann das auch sehr viel Schein sein“, dachte ich.
Ein anderer Gedankenstrang ergab sich, weil es sich ehrlich gesagt ziemlich gut anfühlte, spontane Anerkennung zu ernten. Und mir dann im Vergleich zu meinen wirklichen und für mich relevanten Errungenschaften, die sich in meiner Werteskala ja vor allem in mir selbst abspielen und nicht materiell sind, auffiel, dass ich noch nie eine solche Anerkennung erhalten hatte. Viele freundliche und begeisterte Worte, auch von Menschen die sehr gut nachvollziehen können, was der Prozess für mich bis zu dieser Errungenschaft für eine Bedeutung hat. Aber niemals eine solche Siegerpose. Dieses Ereignis mit meiner Nachbarin fiel ziemlich genau mit dem Zeitraum zusammen, in dem ich darüber nach dachte, wann „man es geschafft hatte“ und blieb mir daher besonders in meinem Hinterkopf hängen.
Dieses ganz kurze Erleben musste nun einige Tage in mir wirken, damit mir klar wurde, dass mich zum aller ersten Mal ein gesellschaftlich anerkanntes Statussymbol begleitet hatte. Und prompt wurde dies von „der Gesellschaft“ - in Person meiner Nachbarin - entsprechend honoriert. Ich konnte für einen Moment nachvollziehen, warum man sich solche Statussymbole zulegt. Wenn man solche Reaktionen erntete und man sich klassischerweise vorstellt, wie man auch in Restaurants oder bei anderen Gelegenheiten hofiert wird - ich muss sagen: es gibt schlechtere Gefühle. Menschen, die sich diese Statussymbole zulegen, setzen sich sichtbare Anker ihrer sogenannten „Erfolge“. So entstanden in mir mehrere Fragen: Welche inneren Anker gibt es für uns in der SocEnt- und Öko-Szene? Habt Ihr so etwas für Euch? Und wie können wir Menschen, die im Außen Statussymbole konsumieren, davon überzeugen, ihre guten Gefühle bei sich im Inneren zu suchen?
Das brachte mich auf den nächsten Gedanken, der mir schon häufiger begegnet war und an diesem Beispiel wieder aktuell wurde: Unsere Gesellschaft ist geprägt durch viele Codes. Nur ein Beispiel: "Teures Auto = Ich hab’s geschafft". U.a. solche Codes treiben unseren Ressourcenverbrauch in ungesunde Höhen. Wir müssen nicht nur an die nachhaltige Produktion von Konsumgütern und die Regulierung des Konsums ran. Wir müssen gleichzeitig an die Codes ran, die den Wunsch nach Konsum überhaupt erst erwecken. Denn nur mit einer anderen Einstellung werden auch politische Maßnahmen auf die Akzeptanz treffen, die sie für ihre Legitimität brauchen. Und somit sind politische Maßnahmen auch ein Ausdruck einer veränderten Einstellung in der Bevölkerung.
Begreifen wir uns als role model! Wir haben nicht nur die Aufgabe, mit unserem Konsumverhalten zu zeigen, dass vieles auch anders geht. Wir haben vor allem die Aufgabe, dabei Genügsamkeit und Zufriedenheit auszustrahlen. Denn diese Emotionen sind anziehend und dürften noch mehr Menschen auf unseren Trichter bringen.
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