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"Für uns ist diese Arbeit überlebenswichtig"

Im Frühjahr 2018 war Christina Ramgraber von sira Kinderbetreuung Teilnehmerin in einer meiner Workshops „Wie funktioniert Lobbyarbeit für die gute Sache?“. Seitdem sind wir uns immer mal wieder auf diversen Events über den Weg gelaufen. Dort erzählte sie mir immer ganz begeistert, was sich in Sachen Lobbyarbeit bei sira getan hat. Und an dieser Begeisterung möchte ich Euch gerne teilhaben lassen!

Interview

Liebe Christina, was hatte Dich denn damals überhaupt zur Teilnahme am Lobbying-Workshop bewegt? Wo drückte bei Euch der Schuh?

Also gefühlt laufen wir in unserem Bereich der Kinderbetreuung ständig mit großen, schmerzhaften Blasen am Fuß durch die Gegend, um im Bild des drückenden Schuhs zu bleiben. Dadurch, dass die öffentliche Hand unser größter Geldgeber ist und im sozialen Bereich das Geld ja meistens nicht so locker sitzt, haben alle unsere Herausforderungen natürlich auch immer gleich was sehr Politisches. Deshalb dachte ich mir, so ein Lobbying-Workshop, in dem man vielleicht lernt, wie man den Schuh etwas polstert, wäre vielleicht keine schlechte Idee. Und um ganz konkret zu sein: wir brauchen mehr Fördergelder, um den Betrieb unserer Mini-Kitas langfristig aufrecht erhalten zu können und dafür müssen wir an die Politik ran, dass die uns nicht vergessen.

 

Was war Dein größtes Learning, das Du aus dem Workshop mitgenommen hast?

Dass man EINE KONKRETE Forderung formulieren soll und die immer wieder wiederholen – so lange bis es niemand mehr hören kann und sie dann umgesetzt wird.

 

Hattet Ihr davor schon Mal einen Versuch in Richtung Lobbyarbeit unternommen? Wie war das gelaufen? Und was war jetzt nach dem Workshop der größte Unterschied?

Ja, ich hatte schon vor dem Workshop versucht, an Politiker heranzutreten. Das war aber viel zu unkonkret und hat damit nicht funktioniert. Die Konkretisierung unserer Forderung nach mehr Fördergeldern incl. der Zusendung eines fertig ausformulierten Stadtratsantrags mit sauber ausgearbeiteten Argumenten, warum die Gelder um wie viel angehoben werden müssen – das war der Knackpunkt, warum es nach dem Workshop mit dem Kontakt funktioniert hat.

 

Und auch, dass wir uns mit anderen Trägern in unserem Bereich zum „VGM – dem Verein zur Unterstützung von Großtagespflegestellen in München“ zusammengeschlossen haben und die Forderung darüber eingereicht haben, war ein hervorragender Schritt hin zur Umsetzung unserer gemeinsamen Pläne. Danke an dieser Stelle nochmal an alle Mitglieder des VGM!

 

Was genau habt Ihr im letzten Jahr politisch unternommen und mit welchem Erfolg?

Wir haben eben den Antrag beim Stadtrat eingereicht mit der Forderung, dass die seit 2013 nie erhöhten Fördergelder in unserem Bereich ab 2020 erhöht und ab dann dynamisiert werden. Diesen Antrag haben wir mit dem kinder-, jugend- und sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion besprochen und wir hoffen nun, dass die Erhöhung der Gelder im Stadtrat beschlossen wird.

 

Zusätzlich konnten wir über den gleichen Kanal einbringen, dass die Elternbeiträge, die in München ab 2019 für Familien, die ihre Kinder in städtischen Einrichtungen untergebracht haben, rapide sinken, auch für unsere Betreuungsplätze in gleicher Weise nach unten angepasst werden. Beide Anträge sind eben noch in der Antragsphase, aber immerhin schon mal richtig platziert!

 

Wie unternehmensrelevant ist diese Art von politischer Arbeit für sira?

Für uns ist diese Arbeit überlebenswichtig. Wir sind zum größten Teil öffentlich gefördert und müssen unsere Belange über die politische Arbeit platzieren können.

 

Stehen bei Euch in nächster Zeit weitere politische Initiativen an?

Gerade nicht konkret. Wir werden die oben genannten Anträge versuchen zum erfolgreichen Abschluss zu führen und dann gibt es sicherlich noch viele Punkte, wie z.B. die Überprüfung der Qualität in der frühkindlichen Betreuung, die es anzugehen gilt.

 

Wie viel Zeit verwendet Ihr ungefähr für die politische Arbeit bei sira?

Viel zu wenig. Ich denke mal, es sind so 2 Stunden pro Monat im Durchschnitt.

 

Wie habt Ihr die Lobbyarbeit bei Euch organisiert? Wer kümmert sich um diese Aufgabe?

Das gehört zum Aufgabenportfolio meines Mitgründers David und mir. Schließlich sind wir für die Weiterentwicklung unseres Geschäfts zuständig und dafür ist es wichtig, politisch mitzuwirken. Dennoch arbeiten wir zum Thema Lobbyismus nach dem Motto: „Schauen wir mal, was sich rund um alle anderen geschäftlichen Termine noch so unterbringen lässt“.

 

Viele meiner Workshop-Teilnehmer*innen kommen meist mit einer negativen Einstellung gegenüber Politik und Lobbyarbeit zu mir. War das bei Dir ähnlich? Welches Bild hattest Du davon? Und wie fühlst Du Dich inzwischen als „Lobbyistin“?

Nein, nein, das war bei mir gar nicht so. Ich fand es sehr spannend und es kam mir gerade recht, mich in der politischen Arbeit mal ein wenig mehr zu bilden. Und ja, ich fühle mich jetzt als Lobbyistin für die Anliegen meiner KollegInnen, der Arbeitgeber, der Familien und Kinder und ich werde diese im Zuge meiner Tätigkeit als Sprachrohr von sira auch so gut es geht politisch vertreten.

 

Warum sollten Deiner Meinung nach Sozialunternehmen überhaupt Lobbyarbeit betreiben?

Weil man es machen muss, dass endlich was weiter geht!

 

Herzlichen Dank für Deine Zeit und weiterhin viel Erfolg bei Eurer (politischen) Arbeit!

Habt Ihr Fragen?

Und wo drückt bei Euch der Schuh? Habt Ihr bereits Erfahrungen mit Lobbying gemacht und wie ist es bei Euch gelaufen? Ich bin neugierig davon zu erfahren und greife auch gerne Eure Fragen und Anregungen mal in einem Blogbeitrag auf. Hinterlasst einfach einen Kommentar.

Über sira

Die Vision von sira ist die ECHTE Vereinbarkeit von Familie und Beruf für junge Eltern und die Förderung von Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit durch den Ausbau der frühkindlichen Betreuung. Das von sira entwickelte innovative Konzept der betrieblich unterstützten Mini-Kitas fördert den Einbezug von Arbeitgebern beim Ausbau der Betreuungsinfrastruktur. Erstmals wird somit auch für kleinere oder mittlere Arbeitgeber das Angebot einer eigenen Betriebs-Kita möglich. Davon profitieren alle Beteiligten – Kinder, berufstätige Eltern, Arbeitgeber und die Gesellschaft als Ganzes!


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