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Social Entrepreneurship im Bundestag debattiert - Und jetzt?

Vor zwei Wochen war es soweit, der historische Moment: Social Entrepreneurship wurde erstmals im Deutschen Bundestag debattiert. Allein das ist schon ein großer Erfolg für den Sektor! Das Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND) hat bereits in einem Blogpost die einzelnen Redebeiträge zusammengefasst und daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet. Ich will darauf aufbauend und ergänzend ein paar meiner Gedanken in die Diskussion einbringen.

"Social Entrepreneurship" - Was ist das?

Es könnte einen ja beinahe zum Schmunzeln bringen, wie sich einige Redner (leider keine Rednerinnen) abmühten, das Wort "Social Entrepreneurship" auszusprechen. Und dann musste auch noch erklärt werden, um was es sich dabei eigentlich handelt. Vielleicht entlarvend, wie wenig man sich in der eigenen Fraktion bis dato mit der Thematik auseinandergesetzt hatte. Und doch steckt da für mich auch ein Fingerzeig für uns als Community drin: Wir wollen ja nicht in unser #SocEnt-Blase bleiben. Der und die Durchschnittsdeutsche dürfte mit dem Begriff genauso wenig anfangen können wie unsere Volksvertreter. Der Begriff ist erklärungsbedürftig. Das kann einladend sein und neugierig machen, um ins Gespräch zu kommen. Das kann aber auch abschreckend und ausgrenzend wirken.

 

Wir begeben uns mit einem eigenen Verband und unseren Positionen derzeit auf einen Pfad, auf dem wir das gängige "Spiel" unseres politischen Systems bedienen: Wir sind SEND und vertreten die Interessen von Sozialunternehmen. Deshalb wollen wir, dass sich A, B und C nach Sozialunternehmen ausrichtet und X und Y für Sozialunternehmen neu geschaffen werden. Das alles dient natürlich nicht (nur) unseren Partikularinteressen, sondern auch dem Gemeinwohl! Das machen VW, BMW und der BDI übrigens genauso. Zwinkersmiley.

 

Damit geht es aus Sicht der Abgeordneten u.a. um Abwägung, was wen wie begünstigt und welchen bürokratischen Aufwand das darstellt - steht das im Verhältnis? Und das zeigt, dass wir auch noch "Hausaufgaben" zu erledigen haben, an denen wir ja bereits sitzen. Stichwort Datenbasis, die definitiv noch größer werden muss. Stichwort Definition von Social Entrepreneurship, die wir für diese Form der politischen Arbeit dann ganz selbstverständlich und dringend brauchen.

"All enterprises are social"

Ja, klar wollen wir Social Entreprneurship politisch eine Stimme geben. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir ja eigentlich nicht (nur) uns selbst meinen, sondern dass es uns um die Gesellschaft als Ganzes geht. Kristina Notz von der Social Entrepreneurship Akademie formulierte diese Vision mal so treffend und schön in einem Satz: "All enterprises are social". Zu dieser Selbstverständlichkeit wollen wir hin. Das, was früher mal soziale Marktwirtschaft genannt wurde, wollen wir mit neuem Leben füllen. Auch SEND hat diesen Gedanken in seinem Blogpost aufgegriffen: "Wir begrüßen ausdrücklich nicht den Social Entrepreneurship Sektor für sich alleine zu sehen, sondern Innovatoren aus Zivilgesellschaft, Wohlfahrt, Wirtschaft, öffentlichen Insititutionen und Politik zu integrieren! Viele dieser Akteure kämpfen aktuell auch mit den schwierigen Rahmenbedingungen für Soziale Innovationen." Das ist nicht unbedingt gängig in der politischen Interessensvertretung. Bleibt aber trotzdem richtig.

Fokus auf Förderkriterien

Und das bringt mich dann letztendlich zur Aufgabe für uns als Sektor in unserer politischen Arbeit: Vielleicht sollten wir weniger in unseren eigenen Kategorien denken (Was brauchen Sozialunternehmen? Eigene Rechtsform, eigene Finanzierungsinstrumente, ...). Sondern sollte es uns in der Formulierung unserer politischen Anliegen nicht vielmehr darum gehen, welche Förderkriterien für alle (!) Unternehmen in einer modernen öko-sozialen Marktwirtschaft drölfzehn Punkt Null angemessen sind, damit sie auch wirklich dem Gemeinwohl dienen? Und ganz nebenbei kommen diese Kriterien dann selbstverständlich auch uns zugute, da wir genau diese Prinzipien bereits leben. Das entspricht meines Erachtens nicht nur unserem mindset, wie wir uns ein Miteinander in unserer Gesellschaft vorstellen. Das ist auch pragmatisch und ressourcenschonend in der alltäglichen Arbeit. Speziell die Beiträge der regierenden Fraktionen CDU/CSU und SPD signalisieren mir in Summe: Soziale Innovationen finden wir toll und unterstützen wir gerne, aber bitte crasht damit nicht unser gesamtes System! Hier riecht es für mich erfolgsversprechender, wenn wir bestehende Förderinstrumente weiterleben lassen und uns hier mehr auf die Formulierung und ihre Ausgestaltung konzentrieren, so dass sie in der Konsequenz auch uns zugute kommen, aber eben vor allem der Gesellschaft insgesamt.

Fazit

Wir sind eine noch junge Community und wurden ein gutes Jahr nach Verbandsgründung bereits im Plenum des Deutschen Bundestages behandelt. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen wurde von der mitregierenden SPD-Fraktion abgelehnt, weil er nicht umfangreich genug sei und man an einem ganzheitlichen Konzept für soziale Innovationen arbeite - was will man mehr? Ich finde zum jetzigen Zeitpunkt könnten wir zufriedener nicht sein. Bleiben wir am Ball!


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