· 

Die häufigsten Fehler beim Erstellen eines Positionspapiers

Ohne eine eindeutige politische Positionierung stellen unsere Mühen im Bereich der Lobbyarbeit mehr ein Grundrauschen dar und eignen sich für's Marketing. Was in Ordnung ist, wenn wir das so beabsichtigen. Wollen wir auf die Veränderung von Strukturen abzielen, kommen wir früher oder später um das Erstellen eines Positionspapiers nicht herum. Ich unterstütze meine Kund*innen gerne bei dieser anspruchsvollen Aufgabe oder bin als Sparringspartnerin und "Gegenleserin" gerne für sie da. Dabei kommen mir immer wieder ein paar typische Fehler unter. Hier erfahrt Ihr, welche das sind und wie Ihr sie vermeidet.

Auf Verständlichkeit achten

In der Regel sind wir nicht nur mit Herzblut bei der Sache, wir sind auch ausgewiesene Expert*innen auf unserem Gebiet. Seit Jahren beschäftigen wir uns mit dem Thema und kennen jedes Detail. Sollen wir nun einen komplexen Sachverhalt kurz und prägnant darstellen (ich empfehle maximal zwei Seiten!), so stellt dies meist bereits die erste Hürde dar. Kommuniziert in kurzen und klaren Sätzen mit den politischen Akteuren. Wir müssen uns immer vorstellen, dass unser Gegenüber sich bis dato noch nie mit unserem Thema auseinandergesetzt hat. Wir wollen ihn aber sofort abholen und mitnehmen. Deshalb sollten wir uns mit Fachchinesisch zurückhalten. Außerdem dürfen wir nicht zu viel Vorwissen voraussetzen und starten idealerweise bei Null. Das ist einladend und macht es leichter, in einen Dialog zu treten. Und da wir es in der Politik immer mit Menschen zu tun haben, kann das nur ein Pluspunkt sein.

 

Und noch ein Vorteil ist damit verbunden: Wir kommen damit in der Regel auf das übergeordnete Problem zu sprechen. Damit erzeugen wir automatisch Relevanz und positionieren uns anschlussfähig an andere Debatten. So rutschen wir nicht in eine unbedeutende Nische ab.

 

Das Aufschreiben ist nicht die eigentliche Arbeit

Damit das klappt, müssen wir notwendigerweise einen Schritt zurücktreten. Es geht an dieser Stelle nicht um's reine Formulieren. Wir müssen vorab unsere Position klar umrissen haben. Wir dürfen dabei nicht zu viel auf einmal wollen. Für ein zweiseitiges Positionspapier müssen wir uns auf zwei bis drei Punkte begrenzen. Diese sollten zugespitzt und nicht zu realitätsfern sein. Wir stecken also mitten im Strategieprozess. Das ist die eigentliche Arbeit, die wir leisten müssen, damit wir dann auch etwas formulieren können. Das kennen wir auch aus anderen Bereichen des daily business: Wir können nicht einfach einen Markenkern aufschreiben. Um das leisten zu können, müssen wir in einen Prozess einsteigen und viel Zeit und Arbeit investieren. Um nichts Anderes geht es auch hier.

 

Ich beobachte immer wieder, dass dieser Prozess unterschätzt wird. In der Dynamik in der eigenen Organisationen. Und auch was den Faktor Zeit betrifft. In der Regel müssen die zuständigen Personen auch noch andere Aufgaben erledigen. Die Erarbeitung von Positionen bedeutet Mehrarbeit. Und das kann je nach Kapazitäten bis zu einem halben Jahr dauern, bis man an dem Punkt ist, dass man etwas zu Papier bringen kann. Denn selten ist man sich sofort einig. Es kann zu Diskussionen, ja sogar zu Streit kommen. Das kann ein schmerzhafter Prozess für Euch als Organisation und als Individuen bedeuten. Mit so viel Herzblut, wie wir unsere Themen verfolgen, wollen wir eigentlich keinen Aspekt auslassen oder nur den ersten Mini-Schritt wagen. Wir wollen gleich auf's Ganze gehen! Das muss ausdiskutiert, vielleicht sogar von einer Mitgliederversammlung abgestimmt und damit final entschieden werden. Das alles benötigt Zeit.

Die Länge im Blick behalten

Ich hatte es bereits gesagt: Euer Positionspapier sollte nicht länger als zwei Seiten sein. Es darf auch gerne mal ein knackiger onepager sein. Immer wieder kommen mir Ausführungen von zehn oder mehr Seiten unter. Das liest kein Mensch. Und wir haben es mit Menschen zu tun! Lest mal das Positionspapier von anderen Organisationen zu Euch vollkommen unbekannten Themen. Das Internet macht's möglich. Beobachtet Euch, an welcher Stelle Ihr abschaltet und das Interesse verliert. So könnt Ihr ein Gespür und Verständnis für den Menschen entwickeln, der sich später Eure Ausführungen durchlesen soll. An den Ihr Euer Positionspapier verschickt und mit Euerer Botschaft erreichen wollt.

 

Zehnseitige Positionspapiere könnt Ihr Euch dann leisten, wenn Ihr der BDI oder andere große Verbände seid. Was Ihr machen dürft: Entwickelt zunächst ein mehrseitiges Positionspapier. Davon ausgehend fällt es Euch bestimmt leichter, das Ganze auf zwei Seiten zu komprimieren. Sobald Ihr dann in intensiverem Kontakt mit den relevanten Akteuren steht und diese auch nach Hintergrundinformationen fragen, habt Ihr dies griffbereit in der Schublade liegen.

 

Lange Positionspapiere neigen meiner Erfahrung übrigens auch dazu, viel zu sehr beim StatusQuo und in der Problembeschreibung zu verharren. Seitenweise wird kritisiert, was gerade alles schief läuft. Erstens solltet Ihr an dieser Stelle besser den Platz nutzen, um Eure innovativen Ideen zu präsentieren und Lösungen anzubieten. Und zweitens komme ich wieder mit meinem Einwand: Wir haben es mit Menschen zu tun! Habt Ihr Lust eine zehnseitige Kritikschrift über Eure Arbeit zu lesen und Euch dann noch mit den Autor*innen auf ein Gespräch zu treffen? Mir wäre das noch vor der ersten Begegnung irgendwie zu "anti" und zu wenig konstruktiv. Kein guter Boden für eine Zusammenarbeit.

An die Formalia denken

Last but not least: Lasst die Formalie nicht außer Acht. Klassischerweise fehlen bei den Positionspapieren, über die ich nochmal drüber schauen darf, die Ansprechperson mit Kontaktdaten. Ihr wollt schließlich in einen Dialog treten. Also solltet Ihr die Kontaktaufnahme so einfach wie möglich gestalten und Eurem vielbeschäftigten Gegenüber die Recherche nach Eurer Telefonnummer ersparen. Außerdem solltet Ihr unbedingt ein Datum angeben. Das schützt Euch, veraltet zu wirken. Euer Positionspapier ist irgendwann auch mal ein oder zwei Jahre alt. Das ist ok. Aber es sollte deutlich werden, sonst wird der Kontext der Debatte nicht klar und Eure Anliegen sind dann nicht mehr up to date. Das ermöglicht in der Folge dann auch eine Weiterentwicklung Eurer Argumente, die dann auch nachvollziehbar werden. Übrigens ein wichtiger Bestanteil transparenter Lobbyarbeit. Und, Ihr ahnt es bereits, da wir es mit Menschen zu tun haben, verschwendet auch ein paar Gedanken an die optische Gestaltung. Besonders dröge Themen dürfen gerne mal mit einer erklärenden Grafik aufgepeppt werden. So hebt Ihr Euch von der Masse ab und seid einladender. Schriftgröße acht oder ein Fließtext ohne Absätze dürften eher nicht dazu beitragen.

Ich wünsche Euch viel Erfolg bei der Verwirklichung Eurer Projekte!


Kommentar schreiben

Kommentare: 0