Verfolgst Du ein ganz konkretes Anliegen mit Deiner politischen Arbeit, so benötigst Du hierfür ein Positionspapier. Liegt es schriftlich vor, so ist es übrigens auch ein wesentlicher Baustein für Transparenz. Aber auch wenn dies erstmal noch nicht schriftlich vorliegt, sondern "nur" gedanklich in Deinem Kopf existiert, dient es Dir als ideale Grundlage für Dein weiteres Vorgehen. Wobei Dich ein Positionspapier unterstützt und warum sich die Erarbeitung für Dich lohnt, habe ich hier festgehalten.
Erarbeitung einer Sprachregelung
Ich erlebe es immer wieder in der Zusammenarbeit mit meinen Kund*innen: So ganz grob hat man schon eine Vorstellung, was man erreichen möchte und wieso weshalb warum. Aber wenn es konkret wird und ich da weiter nachbohre ernte ich meist ein betretenes Lächeln. Man will halt die Welt retten oder das Bildungssystem gerechter gestalten. Mit diesen Aussagen kann allerdings kein*e Politiker*in etwas anfangen. Was genau soll denn passieren? Wie wird denn Eurer Ansicht nach die Welt gerettet oder das Bildungssystem gerechter gestaltet? Das müsst Ihr für Euch definieren und dann im gleichen Wortlaut immer und immer wieder bei politischen Entscheidungsträger*innen und in Eurem Netzwerk platzieren. Nur so dringen wir durch mit unserer Botschaft. Außerdem kann es ja auch gut mal sein, dass es unterschiedliche Ansichten zu dem wie in der Organisation gibt. Das muss geklärt werden. Das Positionspapier ist für Euch also auch intern ein schriftlicher "Vertrag", eine Art Abmachung, dass Ihr diese festgehaltenen Interessen vertretet. Das kann übrigens ein harter und manchmal auch schmerzhafter Prozess innerhalb der eigenen Organisation sein.
Eindeutige politische Positionierung
Denn wenn wir die Welt und das Bildungssystem retten wollen, dann soll das natürlich ziemlich schnell gehen und am besten vollumfänglich. Halten wir dann auf diesem Papier fest, dass wir uns - in einem ersten Schritt! - für die Erhöhung des Betrags für das Bildungswesen von 6- bis 14-Jährigen von 53 Cent auf 70 Cent im Hartz-IV-Regelsatz o.Ä. einsetzen, dann kann das erstmal ziemlich unbefriedigend, kleinteilig und nicht so richtig nach dem großen Wurf klingen. Es ist aber zwingend notwendig, dass wir uns eindeutig positionieren und ein Konzept vorlegen bzw. unterstützen. Nur so qualifizieren wir uns als ernstzunehmende Gesprächspartner. Denn an genau solchen Punkten trennt sich die Spreu vom Weizen: Vielleicht wollen wir das gleiche Ziel erreichen, aber offensichtlich auf einem ganz anderen Weg. Diese eindeutige Positionierung macht deutlich mit wem Koalitionen denkbar sind, mit wem man am gleichen Strang ziehen kann. Wen man vielleicht noch überzeugen und gewinnen kann. Und wer zu weit weg ist von unseren Ideen.
Systematische Kommunikation
Mit dieser Vorarbeit ist es uns dann natürlich möglich auch systematisch zu kommunizieren. Auf allen Kanälen. Gegenüber allen. Egal ob Kundschaft, Partner, Politiker, die Verwaltung, Mitarbeiter, Mitglieder, Investoren... Das ist wie bereits gesagt einerseits ein Kriterium für Transparenz. Andererseits werden wir nur so mit unserer Botschaft durchdringen, wenn sie stets gleich formuliert und crossmedial verbreitet wird.
Entwicklung einer Argumentationslinie
Auf der Basis eines eindeutigen politischen Standpunktes ist es uns dann auch möglich eine politische Argumentationslinie zu entwickeln. Welche Zahlen und Fakten unterstützen unser Ansinnen? Welche widersprechen uns? Wie gehen wir mit diesen um? Welche Stakeholder sind für welche Argumente besonders empfänglich? Ich werde häufig gefragt, ob es denn klug sei so entgegengesetzten Parteien wie der CSU und der Linken das gleiche Anliegen zu kommunizieren. In dieser Frage schwingt häufig die Idee mit, dass man den Parteien das erzählen sollte, was sie hören wollen. So funktioniert Lobbyarbeit aber nicht. Wir wollen Argumente austauschen und überzeugen. Wir wollen uns nicht einschleimen. Wir bleiben immer bei unserem politischen Standpunkt. Das gebietet auch unser Anspruch an Transparenz. Sehr wohl dürfen wir aber ein und denselben Standpunkt mit verschiedenen Argumenten "verkaufen". Wenn wir Sozialunternehmen fördern wollen, können wir der CSU gegenüber die Wirtschaftsleistung, das Schaffen von Arbeitsplätzen, die Aufwertung des ländlichen Raums oder oder oder erzählen. Und der Linken gegenüber können wir uns mehr auf das Lösen der sozialen Probleme konzentrieren. Das ist legitim und liegt in unserer Entscheidung. Für alle Varianten müssen wir jedenfalls Argumente parat haben und eine Linie entwickeln, die in sich logisch ist. So ist es uns übrigens auch möglich, jederzeit unsere Argumente weiterzuentwickeln. Es können neue Studienergebnisse auftauchen, überraschende Ereignisse eintreten, die uns dazu veranlassen unsere Positionierung zu überdenken. Auch das ist legitim. Mit einem Positionspapier wird nachvollziehbar zu welchem Zeitpunkt und warum wir unsere Meinung geändert haben.
Orientierung
Lässt Du dich auf diesen Arbeitsprozess ein, so erlangst Du etwas unglaublich wertvolles: Orientierung. Du weißt also, welche Stakeholder für Dich relevant sind, mit wem Du in Kontakt treten musst, auf welchen Events Du anwesend sein musst, welche Zwischenschritte notwendig sind, welche Informationen Du noch benötigst. Kurzum: Du bist orientiert, welche Aktivitäten für Dich sinnvoll sind, was Deine Zeit und Aufmerksamkeit verdient hat. Und welche Aktivitäten nur Zeitfresser und schwarze Löcher sind. Zunächst ist die Erarbeitung eines Positionspapiers mit Arbeit verbunden. Langfristig allerdings sparen wir uns damit Zeit und Geld. Es erleichtert die Kommunikation und Abstimmung innerhalb des eigenen Teams.
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