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Berufspolitik

Bettina hat mir noch ein Thema geschenkt: Ob ich mir vorstellen kann, Berufspolitikerin zu werden? Und warum? Ich musste ehrlich gesagt etwas schmunzeln, denn ich glaube, sie ist eine der häufigsten Fragen, die man zu hören kriegt, allein schon, wenn man Politikwissenschaften studiert. Daher habe ich mir schon häufig Gedanken dazu gemacht. Natürlich umso mehr, seitdem ich mich auch ehrenamtlich in einer Partei engagiere. Allerdings merke ich immer wieder, dass mir diese Frage bzw. die Herangehensweise, die hinter dieser Frage steckt, fremd ist. Nicht nur, weil dies nicht nur eine Frage des Wollens und Planens ist. Es ist ja ein Angebot und eine Bewerbung an die Parteifreund*innen. Sondern auch, weil - für mich zumindest - dahinter ein Kalkül und eine zweckrationale Einstellung steckt. Dafür muss ich etwas weiter ausholen (was mir hoffentlich in den 10 Minuten gelingt): Als ich noch ein Kind war, pochte mein Vater sehr häufig darauf, dass man sich Themen verbindlich und ohne jegliche Absicht, ohne jeden Hintergedanken, ohne der Frage nach dem „wozu“ widmen sollte. Mich frustrierte das damals häufig. Ich fragte mich natürlich oft, „wozu“ ich dieses oder jenes machen sollte, wenn „es mir doch gar nichts bringt“. Oder zumindest nicht auf den ersten Blick. Heute habe ich - ganz mein Vater - das sehr für mein Leben verinnerlicht. Ich widme mich Themen, von denen ich überzeugt bin, die mir am Herzen liegen. Weil ich sie für sinnvoll halte. Und weil ich mich dabei erfahre und kennenlerne. Wohin mich dieser Weg führt, das weiß ich vorher nicht. So empfinde ich auch mein politisches Engagement. Ich mache das gerne. Ich halte es für sinnvoll. Und ich erfahre mich dabei. Das ist etwas sehr wertvolles und bereicherndes für mich. Denn so bewahre ich mir meine Unabhängigkeit. Und einen Sinn erfüllt es somit immer. Es kann kein Misserfolg, kein Scheitern daraus entstehen. Was ich aus diesen Erfahrungen hinsichtlich der Berufspolitik machen will, das kann ich heute noch nicht sagen. Denn es gibt vieles, das mich anzieht. Das Gestalten beispielsweise. Und der Flow, der einen stets begleitet. Aber auch einiges, was mich, vor allem in privater Hinsicht, abschreckt und mir Respekt einflößt. Und ich habe erfahren, dass auch Menschen im Hintergrund dringend benötigt werden. Und die in diesem Hintergrund sehr viel mehr Freiheit genießen.


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Kommentare: 1
  • #1

    Bettina Stackelberg (Freitag, 13 Juli 2018 18:40)

    Liebe Julia!

    Danke für den Einblick in Deine Gedanken zu "meiner" Frage. Hat mich zum Nachdenken gebracht. Spannend find ich grad: Ich würd nie auf die Idee kommen, automatisch aufgrund Deines Studiums darauf zu kommen, dass Du Berufspolitikerin werden willst.
    Zumal ich grad merke: Mir war bislang gar nicht klar, was Du studierst. :-) Lustig, gell?

    Mir gefällt die Sicht Deines Vaters sehr. In meinem Wortschatz kommt die Frage "Was bringt es mir?" auch nicht vor. Ich denke da ähnlich wie Du: Ich tue vieles, weil es mich erfüllt, mir sinnvoll erscheint, weil ich davon überzeugt bin, dass genau dies zu diesem Moment dann mein Beitrag auf dieser Welt ist.
    Daher bin ich enorm dankbar dafür, dass mir mein Beruf auch Berufung ist!

    Und ich arbeite seit 6 Jahren aus ebendiesen Gründen auch intensiv ehrenamtlich mit "meinen Jungs" in Stadelheim www.leonhard.eu

    Und schließlich: Ich hab viele Jahre eine Regionalgruppe von XING geleitet mit regelmäßigen Treffen - auch ehrenamtlich. Diejenigen, die mich fragten, was mir diese Moderation der Gruppe und der ganze Aufwand mit der Orga der Treffen denn brächte....

    die haben wenig verstanden und kamen erstaunlicherweise auch nicht mehr nach 1-2 Besuchen. :-)

    Was ich aus dem Wenigen, was ich bislang von Dir kenne auch schließe: Du wirst IMMER AUCH politisch sein in Deiner Arbeit - was auch immer Du in den nächsten Jahrzehnten tun wirst.

    Von Herzen, Bettina