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Wie mächtig ist Deine Organisation?

In diesem Beitrag stelle ich Dir den Machtressourcenansatz vor, eine politikwissenschaftliche Theorie, mit der Du ganz leicht überprüfen kannst, ob Deine Organisation ein politisches Schwergewicht ist - oder eher nicht. Falls Letzteres der Fall sein sollte, findest Du in meinen Ausführungen Ideen und Fragen, die Dich inspirieren sollen, wie sich das ändern lässt.

Wie mächtig ist Eure Organisation?

Die Machtressourcentheorie geht davon aus, dass politische Entscheidungen durch die wirtschaftliche und politische Machtverteilung zwischen gesellschaftlichen Gruppen, die gegensätzliche Interessen (zum Beispiel Arbeitgeber vs. Arbeitnehmer) vertreten, zustandekommen. Welche Faktoren dabei eine Rolle spielen, stelle ich Euch im Folgenden vor:

  • Soziale Absicherung: Die Mitglieder müssen gegenüber dem Druck des Marktes sozial abgesichert sein, also frei von wirtschaftlichen Subsistenzsorgen sein, damit die Interessengruppe zur dauerhaften Vertretung ihrer Interessen fähig ist.
  • Organisationsfähigkeit: Die Organisationskraft einer Interessengruppe wird u.a. an der Anzahl der Mitglieder gemessen. Mit der Mitgliederzahl korrelieren nämlich zwei wichtige Ressourcen: Finanzen und Zeit. Mit einer hohen Mitgliederzahl werden einerseits Mitgliedsbeiträge, also Geld, eingenommen. Wir wissen alle, wie wichtig die Ressource Geld für unsere Aktivitäten ist. Die wichtigste Grundlage ist wohl, dass damit hauptamtliche Arbeit finanziert werden kann. Andererseits erbringen (aktive) Mitglieder ehrenamtliche Arbeit, also Zeit. Hier habe ich Tipps für die Mitgliedergewinnung festgehalten.
    Ein weiterer Punkt, der zur Organisationsfähigkeit gerechnet wird, ist die Kohärenz einer Organisation. Also ob die Interessengruppe zusammenhält, als Team auftritt, Geschlossenheit zeigt und mit einer Stimme spricht. Punkte auf die man sich als Gruppe einigen konnte und nun politisch erreichen möchte, werden typischerweise in einem Positionspapier festgehalten. Habt Ihr schon eines?
  • Konfliktfähigkeit: Interessengruppen müssen politischen Druck aufbauen können, um ihre Forderungen durchzusetzen. Dafür braucht es einerseits die entsprechenden finanziellen Mittel. Andererseits ist es hilfreich, wenn organisierte Gruppen glaubhafte "Drohungen" aufstellen können (wie bspw. Streiks oder Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland).
    Was könnte von Eurer Seite eine Drohung sein? Und wenn nicht von Euch allein, mit welchen Bündnispartner*innen?
  • Mobilisierungsfähigkeit: Darunter wird die Fähigkeit zur schnellen und massenhaften Mobilisierung der Mitglieder oder Sympathisant*innen im Konfliktfall verstanden, bspw. in Form von Streiks oder Demonstrationen.
    Habt Ihr eine Crowd und ein Netzwerk hinter Euch, das Ihr für bestimmte Forderungen mobilisieren könnt?
  • (Außer-) Parlamentarische Präsenz: Abgeordnete sind ja ganz normale Menschen und daher häufig Mitglied in verschiedenen Vereinen. Das kann der Fußballklub um die Ecke sein, wo sie seit Teenagertagen kicken. Oder aber eine Interessengruppe wie eine Gewerkschaft, der Bund Naturschutz oder ein Arbeitgeberverband. Abgeordnete geben diesen Interessen also im wahrsten Sinne des Wortes eine Stimme im Parlament. Die Abgeordneten müssen natürlich nicht zwingend selbst Mitglied in einer Gruppe sein, können dieser aber inhaltlich nahe stehen. Ein gutes Netzwerk und ein vertrauensvoller Kontakt zu solchen Abgeordneten sorgt also für die entsprechende Präsenz. Denn so können Interessengruppen einen direkten Zugang zu politischen Entscheidungsträger*innen haben. Die außerparlamentarische Präsenz meint v.a. die Vernetzung mit anderen Interessengruppen und einen (guten) Draht zu den Medien.
    Verfügt Ihr bereits über ein gutes politisches Netzwerk, das Euren Interessen eine Stimme im Parlament verleiht? Wer könnten die richtigen Ansprechpersonen sein, mit der sich der Kontaktaufbau lohnt? Hier findest Du Tipps für die Beziehungspflege in der Politik.
  • Regierungsbeteiligung: Auch Mitglieder der Regierung sind ganz normale Menschen und können Mitglied in einem Verein sein oder bestimmten Gruppen inhaltlich nahe stehen. So kann also sogar ein direkter Zugang zur Regierung ermöglicht werden.
    Habt Ihr bereits Kontakte in der Regierung? Das können auch Leute aus der Verwaltung sein. Und denkt bei "Regierung" bitte nicht gleich an die Bundesebene, auch eine Kommune hat eine Regierung und kann relevante Entscheidungen für Eure Organisation treffen.

Potenziale erkennen und ausbauen

Wo seht Ihr in Eurer Organisation Stärken und welche Schwächen habt Ihr ausmachen können? Wie könntet Ihr diesen Schwächen begegnen und Potenziale ausbauen? Ihr müsst übrigens nicht in allen Punkten top sein, um politisch durchsetzungsstark zu sein. Aber ich hoffe, dieser Ansatz ist anregend für Euch, so dass Ihr noch ein paar Ideen entwickeln und das Denken in neue Bahnen lenken könnt. Es macht absolut Sinn, Eure "normalen"  Aktivitäten auch ein wenig auf diese Punkt hin abzustimmen, um Eure Organisation weiterzuentwickeln. Ich sage nur: Multi-purpose :-)

 

Ich wünsche Euch und Euren Projekten viel Erfolg!


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